Meine Arbeitserfahrung in Japan
07.02.2021
Japans Firmenmodelle modernisieren sich endlich, was vor allem für Frauen und nicht-japanische Arbeitssuchende hervorragende Neuigkeiten sind.
Ich bin 34 Jahre alt und mit meinen 1,80 m definitiv nicht mit einer Asiatin zu verwechseln. Ich habe Japanstudien im Bachelor in Berlin und International Human Resources im Master in London studiert. Nach meinem Studium habe ich 5 Jahre in Frankfurt am Main in der europäischen Außenstelle einer japanischen Handelsfima gearbeitet. Mein damaliger Managing Director wusste von meinem Wunsch direkt in Japan zu arbeiten und hat mich meinem jetzigen CEO vorgestellt. Seit November 2019 arbeite ich bei Xenoma in Tokio. Mein Sprachlevel würde ich als guten JLPT N2 einordnen.
Xenoma ist eine junge Firma die sich 2015 also Spin-off der Tokio Universität gegründet hat. Sie entwickelt und produziert intelligente Kleidung. Wir reden also eher von einer Silicon Valley Start-up Firmenkultur als von einer traditionell japanischen Firma. Momentan haben wir 53 Mitarbeiter in Festanstellung. 21 davon sind Frauen und 6 sind Nicht-Japaner. Was den Altersdurchschnitt angeht bin ich ziemlich genau in der Mitte. Momentan arbeite ich im internationalen Vertriebsteam.
Das tollste ist: Seit ich bei Xenoma angefangen habe, habe ich mich als Frau nicht ein einziges Mal unwohl oder benachteiligt gefühlt. Auch als Nicht-Japanerin fühle ich mich komplett akzeptiert. Es gibt hin und wieder Momente in denen mich fehlende Japanischkenntnisse in eine leichte Abseitsposition rücken, was ich allerdings als komplett normal und natürlich einstufe. Tatsächlich strengen sich viele meiner japanischen Kollegen an mir mit Englisch entgegen zu kommen wenn ich offensichtlich an meine Japanischgrenzen stoße.
Was trotzdem zu erwähnen ist sind 2 wichtige Aspekte: Start-ups fordern vollen Einsatz mit vergleichsweise geringen Gehältern. Als Ausgleich haben wir Anspruch auf Firmenanteile, deren tatsächlicher Wert aber noch unklar ist. Das ist auf jeden Fall ein Risiko.
Hinzu kommt, dass es sich trotz allem um eine japanische Firma handelt. Kein krankheitsbedingter Arbeitsausfall, vergleichsweise wenig Urlaub und manchmal fühlt man sich durch Feedback eher bloßgestellt als unterstützt. Egal wieviel gegenseitiges Verständis vorhanden ist, manche Unterschiede sind in der Praxis einfach schwer zu akzeptieren.
Mein Fazit? Tokio entwickelt sich zunehmend zu einem Zentrum für Start-ups, was sowohl für Frauen als auch für alle Nicht-Japaner aufregende neue Berufschancen bietet. Diskriminierung ist definitiv kein unvermeidbarer Teil des japanischen Arbeitsalltags mehr. Wie in vielen anderen Bereichen auch, ist es am leichtesten über Networking und Beziehungen an diese Jobs zu gelangen. Trotzdem allem ist und bleibt Arbeit in Japan eine Herausforderung die gut überlegt sein will.
Bianka Hamann, Xenoma